Sommerregen im Winterschatten.

Der Geruch. Er war zuerst da. Es roch nach warmen Sommerregen, der sich erfrischend auf den erschöpften Asphalt legte. Die Stadt atmete auf, so schien es für einen Moment. Irgendwo zwischen den Fußtritten der Menschen entdeckte sie ein lautes Zischen. Eigentlich konnte dies aber nicht sein, weil der Sommer noch in weiter Ferne lag und der Winter einen seiner letzten Atemzüge tat. Er war dieses Mal zu beharrlich, zu stark und wollte nicht weichen. Den Frühling wies er mit einer Arroganz von sich, doch manchmal war der Lenz stärker. So wie manche Menschen stärker waren als andere. Sie wünschte sich diesen Winter. Eine gewisse Überheblichkeit wie einige Frauen sie mit grellen Lippenstiften zur Schau trugen, es gar nicht merkten, nur kleine Mädchen, die die auffallenden Münder anguckten, sich nicht satt sehen konnten, weil bunte Farben ihnen viel Freude bereiteten. Dazu war sie nicht im Stande. Nicht das Gucken und Starren, sondern das Starksein. Das musste sie verloren haben. Vielleicht schlummerte die Stärke in dem einen Handschuh, den sie verloren hatte. Irgendwo da draußen lag sie jetzt und wusste nicht mal, dass ihre Abwesenheit aus einer jungen Frau ein Mädchen machte, das sich nach bunten Farben sehnte.

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Jede Geschichte hat ihre eigene Macht und Kraft

„Manche Geschichten wirken am stärksten, wenn sie im Ganzen erzählt oder gehört werden; andere wiederum entfalten gerade dadurch, dass sie Stück für Stück ans Licht kommen, eine fast übernatürliche Wirkung, die bis an die Grundfragen menschlicher Existenz rührt.“ (Städte aus Frauen. Murathan Mungan. Blumenbar Verlag.)

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Osterhäschen, Osterhas‘ – komm‘ mal her ich sag dir was…

… irgendwie bringe ich es nicht übers Herz, dich süßen goldenen Hase zu essen. Das kann ich nicht. Vielleicht schaffe ich es in ein paar Wochen, wenn die Sonne stärker ist und sie alles mit ihren warmen Strahlen vernascht – ich ihr aber zuvor kommen will.  Vielleicht schaffe ich es nicht. Ich kann es nicht versprechen, dass es dich in einem Jahr nicht mehr gibt, hier zwischen meinen Osterglocken.

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An einem Sonntagnachmittag im März

Regentropfen einsammeln und Krokusse gießen.
Dabei
tief seufzen und sich nach der Sonne sehnen.
In den Wolken nach Engeln suchen.
Dabei
leicht verspielte Katzen finden.
Den herabfallenden Wollknäul auffangen.
Schütteln.
Schnurren.
Sich Räkeln.
Nach Luft schnappen.
Ganz bald
lächelnd
zurück ins Bett kriechen.
In andere Welten tauchen.
Dabei
mit Buchstaben flirten.
Irgendwann
wieder sehnsuchtsvoll sein
und auf den Kuchenmann warten.

Schönen Sonntag!**

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Kleines Kulturpaket für kleines Geld

Sie existieren noch: Automaten, die überraschen und aus Erwachsenen wieder Kinder machen. Zuletzt entdeckt und ausprobiert kurz nach dem Kartenkauf in der Volksbühne. Dort steht im Foyer ein alter Automat mit vielen kleinen schönen Sachen, die jedem Kulturgänger das Herz höher schlagen lässt.
„Schmeißt erstmal einen Euro rein und dann könnt ihr euch ein Fach aussuchen und aufklappen“, sagt die Dame vom Kartenverkauf. Die Wahl fällt nicht leicht, denn was einen dort aus den einzelnen Fächern entgegenstrahlt, ist verführerisch, so sehr, dass man am liebsten alle Fächer haben will. Was mag das da wohl für ein Plakat sein? Oder: Was ist dort in der Kassette drin? Also schnell eine 1 €-Münze aus der Hosentasche gefischt, hinein in den Schlitz, Augen zu, zack, dann ist sie da: Die Entscheidung. Mit einem Klick öffnet man das Fach der Wahl.
Herausgekommen sind:
Ein Heft über die Künstlerin Frida Kahlo.
FM Einheit mit Höraufnahmen aus Brechts Theaterstücken.
Ein Kästchen mit zahlreichen Karten von Schauspielern und vielerei anderem.
Ein Aufkleber.
Eine Streichholzschachtel mit dem Volksbühnenlogo.

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An einem Dienstagabend im März

Einfach auf der Couch liegen.
Dem Kühlschrank zuhören.
Dabei
über die singende Marmelade schmunzeln.
Das Buch zur Seite legen.
Das Telefon ausstellen.
In den Nachthimmel schauen
und
Sternschnuppen suchen.
Dabei
das klopfende Herz
vom Fernsehturm bestaunen.
Vogelstimmen aufnehmen.
Und sich irgendwann
bald lächelnd
ganz glücklich
auf den Morgen freuen.
Doch vorher erstmal schlafen.

Gute Nacht!**

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Eingeordnet unter Gedanken

Geschichtenerzähler

Es gibt nichts Qualvolleres, als eine nicht erzählte Geschichte in sich herumzutragen. (Zora Neale Hurston)

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Nicht alles kannst du abwischen wie eine Träne.

Ich habe nachgedacht die Tage. Zu viel, finde ich, denn ich bin müde geworden, so müde, dass ich gar nicht mehr richtig wach werde und mein Kopf mehr am Hals hängt als das er steht. Doch wie soll man sonst mit Fragen umgehen, die wie hungrige Bienen im Kopf hin und her fliegen? Summ. Summ. Leider reicht meine Fliegenklatsche nicht durch mein Ohr, sonst hätte ich es wahrlich getan. Etwa so: Summ. Summ. Klatsch. Klatsch.
Und dann waren da noch die Begegnungen mit der Ohnmacht, der Sprachlosigkeit, der Betroffenheit, die mir bis ins Bett gefolgt sind, leise, aber bestimmt. Sie waren das Letzte, was ich vom alten Tag auf der Haut spürte und sie waren das Erste am Morgen, das sich zwischen den Schlaf in die müden Augen gelegt hat. Ich kann sie nicht ignorieren, da auch sie eine Berechtigung zu leben haben, bei mir zu sein. Und doch fällt es mir schwer, mit ihnen die Atemzüge zu teilen. Sie machen mich alt, obwohl ich jung bin. Sie machen mich schwer, obwohl ich leicht bin. Sie machen mich träge, obwohl ich flink bin. Sie bohren mir kleine Löcher in mein Haus, die ich nicht schnell genug flicken kann. So sitze ich schließlich mit einer Tasse heißen Tee am Küchentisch und friere. Einzig der Dampf, der sich an meine Wimpern festsetzt, erinnert mich daran, dass ich etwas Warmes zwischen den Fingern halte. Und in alldem taucht sie irgendwann auf, die nackte Erkenntnis, dass man nicht über alles nachdenken kann. Manches ist einfach da, bleibt bei dir, klebt an dir und zerrüttet dich. Du kannst es nicht abwischen wie eine Träne, aber du kannst es in die tiefste Tasche stecken, heimlich verstecken und damit durch die Straßen laufen. Das Ganze vergessen und hinter dir lassen. Laufen, laufen. Vielleicht auch weinen, weinen. Irgendwann Regentropfen schmecken, Blumen ins Haar stecken und bunte Steine sammeln. Ehe du dich versiehst, fühlst du dich leichter, deine Tasche ist leer und es ist weg. Verschwunden. Und du stehst in der Morgensonne, lächelst, einfach so, aus vollem Herzen wie schon lange nicht mehr und denkst: Endlich.

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Husch, husch – da war er wieder – der schöne Augenblick

„Die Zeit ist unaufhaltsam und fließt immer weiter. Das tut sie nicht nur, damit man ihr nachtrauert, sondern damit man einen schönen Augenblick nach dem anderen erhaschen kann.“ (Mein Körper weiß alles, Banana Yoshimoto.)

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Stummfisch

Ich möchte etwas sagen, aber ich bleibe still nachdem du dein letztes Wort beendet hast. Stattdessen lausche ich meinem eigenen Atem im Telefonhörer, schaue in den Himmel und sehe drei Schwalben tanzen, die einzelnen Sonnenstrahlen hinterherjagen. Ich wünsche mir ein bisschen von ihrem Schwung einfangen zu können, verharre dann aber im nächsten Moment und frage mich: Warum kann man nicht immer sagen, was man fühlt?

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